Etappe 2 und 3: Von Winterberg über Schanze zum Rhein-Weser-Turm

volle Distanz: 19.62 km
Maximale Höhe: 845 m
Minimale Höhe: 636 m
Gesamtanstieg: 642 m
Gesamtabstieg: -583 m

 

Die dritte Etappe ist geschafft, Zeit für ein kurzes Update. Als ich gestern früh aufwachte, wusste ich noch nicht so recht, wie ich die zwei Etagen runter in den Frühstücksraum schaffen sollte. Vor allem meine rechte Hüfte, kein Gewicht mehr gewohnt, brüllte mich geradezu an: „Du wirst alt!“ „Klappe!“ – so meine angemessene Antwort.

Die Schwerkraft unterstützte mich aufs Heftigste bei dem Versuch, die Füße von der Bettkante auf den Boden zu bewegen. Geschafft! Na, dann kann der Rest ja nicht so schlimm dein. War er auch nicht. Ich verabschiedete mich von meinen extrem netten holländischen Gastwirten und machte mich auf in die Schnee-Landschaft rund um Winterberg.

Skipisten-Landschaft in Winterberg
Skipisten-Landschaft in Winterberg

Der Tag begrüßte mich mit dichtem Schneetreiben. Herrlich! Da sieht man großzügig darüber hinweg, dass ich auch heute wieder einige Umwege in Kauf nehmen musste, weil Ski-Abfahrtpisten auf meiner Route lagen.

Weiter ging der Weg über den höchsten Berg Nordrhein-Westfalens, den Kahlen Asten. Hui, dort und umzu zischte der Wind!

Der Kahle Asten, höchster Berg Nordrhein-Westfalens und Standort der berühmten Wetterstation
Der Kahle Asten, höchster Berg Nordrhein-Westfalens und Standort der berühmten Wetterstation

Hinter Langewiese dann das erste Mal auf dieser Tour das beliebte „Na, wo ist der Weg?“-Spiel. Ich stand vor einem weiten Feld, unberührte Schneedecke. In der Ferne schimmerte ein einsames Wegkennzeichen. Da lang? Das ist nicht euer Ernst! Aber Augen zu und durch. Und die Richtung stimmte tatsächlich. Es folgten weitere Wegweiser, und nach einiger Zeit war das Schneegewühle vorbei. Erstmal.

Weg übers freie Feld. Bei Sommer sicherlich gut zu erkennen, aber so ...
Weg übers freie Feld. Bei Sommer sicherlich gut zu erkennen, aber so …

Übernachtet habe ich in einer etwas in die Jahre gekommenen, aber gemütlichen Pension in Schanze. Hier ist nichts. Nur Wald, Wind und Schnee. Na ja, und der ein oder andere Touristen-Bus, der die Rentner scharenweise ankarrt. Die gehen dann 500 Meter bis zur Ski-Hütte und erzählen anschließend zu Hause, sie hätten ’ne Jahrhundert-Wanderung gemacht. Es sei ihnen ja gegönnt. Aber wandern geht anders. Pah!

volle Distanz: 24.3 km
Maximale Höhe: 740 m
Minimale Höhe: 446 m
Gesamtanstieg: 755 m
Gesamtabstieg: -933 m

 

Heute dann weiter von Schanze zum Rhein-Weser-Turm. 25 Kilometer. Erst am späten Nachmittag Schnee und kräftige Böen, sonst kein Niederschlag. War auch ganz gut so, den vor allem die letzten Kilometer waren echt fordernd. Gefühlt ging es querwaldein, aber hin und wieder ein stilisiertes, auf dem Rücken liegendes R signalisierte mir, dass die vor mir liegende, weiße Fläche tatsächlich ein Weg sein soll. Schön. Wildnis. Wollte ich ja.

Stilleben ohne Wanderer
Stilleben ohne Wanderer

Gut muskulär gefordert kam ich dann am Rhein-Weser-Turm an – und stand vor geschlossenen Türen. Der Wirt hatte allerdings angekündigt, dass ich womöglich in seiner Pension im Tal übernachten müsste, weil sich bei so wenigen Gästen der Betrieb oben nicht lohne. Glücklicherweise hatte ich Handy-Empfang (Was bloß, wenn das nicht so gewesen wäre?!) und konnte den rettenden Ritter auf vier Reifen hurtig herbeirufen. Und wie der dann in seinem Bulli auf Schleichwegen – wohlbemerkt bei zugeschneiter „Straßen“decke – ins Tal runter bretterte, war echt ein rasantes Erlebnis.

Morgen soll es 30 Zentimeter Neuschnee geben. Da lass ich das besser mit den ursprünglich geplanten 31 Kilometern. Habe ja schließlich aus Gründen der Gewichtsersparnis auf die Stirnlampe verzichtet. Wäre sicher ein spanndes Abenteuer geworden. Aber … nee. Vernunft statt Ehre. Dieses eine Mal.

Also hilft mir meine Gastfamilie morgen früh ein wenig beim Abkürzen und bringt mich ein paar Kilometer in Richtung Süden. Wenn ich überhaupt laufe, denn es soll wirklich heftig werden. Und ich will mich ja nicht von einem vereisten Baum erschlagen lassen.

Schnee, Schnee, Schnee ...
Schnee, Schnee, Schnee …

Etappe 1: Von Willingen nach Winterberg

Der Schnee und ich ODER Ein Wandertag mit Hindernissen

volle Distanz: 27.52 km
Maximale Höhe: 830 m
Minimale Höhe: 540 m
Gesamtanstieg: 783 m
Gesamtabstieg: -731 m

 

Die erste Etappe meiner Eroberung des Rothaarsteigs verlief nicht ganz ohne Komplikationen. 27 Kilometer als Einstieg sind schon so kein Pappenstiel, zumal bei DEN Witterungsbedingungen. Aber der Schwierigkeitsgrad ist noch steigerungsfähig.

Es fing schon an, bevor der erste Schritt getan war. Meine Wirtin in Willingen offenbarte mir, dass der recht lange Zuweg zum Rothaarsteig – meine Herberge war am anderen Ortsende – so wohl nicht gangbar wäre. Willingen ist ein Wintersportort. Und auf meiner Routen lägen zwei Ski-Abfahrtpisten. Die eine ginge ja noch, aber die andere sei arg breit zum Kreuzen. Wohlan, also ein anderer Zuweg. Wer will sich schon von einem dieser Weiß-Berg-Affen auf Brettern niedermähen lassen. Ich finde die so schon doof; auf einen Vollkontakt kann ich erst recht verzichten.

Zum frühen Nachmittag wurde das Wetter dann … in der Tendenz … schauderhaft. Schnee, wie am Vormittag, lasse ich mir sehr gern gefallen. Aber diese Nieselei geht einem auf Dauer auf den Keks. Dann löschte mein GPS auch noch einen Teil des bisher aufgezeichneten Tracks. Ja ja, einen Nerd wie mich mit einer ausgeprägten Doku-Macke nervt das. Zu allem Überfluss mochte sich der brennende Schmerz an der rechten Hacke nicht in Wohlgefallen auflösen. Die Sau. Als ich dann bei einem Stopp die inzwischen triefende Hose wechselte, wagte ich einen Blick in den Strumpf. Was ich sah, verschlug mir den Atem. Eine Blase! Und das mir! Nee! Egal, Schmerz überlaufen, das kenne ich vom Ausdauersport. Also weiter. Und in Winterberg gibt’s bestimmt ’ne Apotheke, die Blasenpflaster hat. Überflüssig zu erwähnen, dass der Rothaarsteig dann noch an einer Stelle gesperrt war – wegen umgestürzter Bäume. Ich durfte also eine weniger schöne Umleitung laufen.

Wenig Sicht auf dem Clemensberg
Wenig Sicht auf dem Clemensberg

Aber macht mir all das was aus? Ach was! Es sind diese Unwägbarkeiten, die solch eine Reise per pedes erst interessant machen. Und die skurrilen Begegnungen. Am Vormittag traf ich einen Läufer (sic!), der sich durch dem knöcheltiefen Schnee pflügte. „Schöner geht’s nicht!“ rief er mir im Vorbeirutschen mit Verweis auf die traumhafte, uns umgebende Winterwaldlandschaft zu. Und ich stimmte ihm eifrig zu.

Und außerdem war der Burger in dem Irish Pub, in dem ich gerade sitze, einfach göttlich.

Also, auf ein Neues. Morgen. Die Schuhe sind schon fast wieder trocken.